Rezension: „Heimwärts“ Kate Morton

Heimwärts Kate Morton

Rezension: "Heimwärts" von Kate Morton

Auch Lieblingsautor*innen können Bücher schreiben, die einen nicht vollständig überzeugen. Das kann leider sehr frustrierend sein, da sich die ursprüngliche Freude über ein neues Buch in Wut und Verzweiflung umwandelt.

Formales

  • Genre: Familiengeheimnisroman
  • Verlag: Heyne Verlag
  • Seitenzahl: 704 Seiten
  • Erschienen am: 16. Oktober 2024

Klappentext

Eine epische Geschichte über drei Generationen von Frauen – über tödliche Geheimnisse und Lügen, Liebe, Schuld und Vergebung

Adelaide Hills, Australien, 1959: Eine Familie picknickt gemütlich an einem Bach. Als etwas später ein Mann aus dem Nachbarort zufällig dort vorbeikommt, stößt er auf ein erschütterndes Todesszenario. Die Polizei beginnt zu ermitteln, doch der Fall bleibt ein einziges Rätsel.

Fast sechzig Jahre später wird die Journalistin Jess aus England zurück nach Australien gerufen. Ihre Großmutter Nora liegt nach einem Unfall im Sterben. Geschwächt und verwirrt, murmelt Nora Unverständliches vor sich hin. Der Sinn erschließt sich Jess erst, als sie eine überraschende Verbindung zu den tragischen Geschehnissen in den Adelaide Hills herstellt – und zu ihrer eigenen Familiengeschichte.

Das Cover

Das Cover von Heimwärts zeigt eine weite Landschaft mit einem Flusslauf, einem alten Herrenhaus am linken Bildrand und einem dramatisch gefärbten Himmel in Blau, Rosa und Orange. Die Farbverläufe wirken atmosphärisch, fast wie in einem Gemälde. 

Die Typografie ist modern und klar, allerdings nehmen die groß gesetzten Buchstaben von Autorin und Titel fast die gesamte obere Bildhälfte ein. Dadurch gerät das eigentliche Motiv in den Hintergrund. Während die Farbabstufungen der Schrift mit dem Himmel harmonieren, wirkt die Gesamtkomposition ein wenig unausgewogen und willkürlich. Es fehlt ein zentrales Element, das Spannung erzeugt oder Neugier weckt.

Fazit:
Das Cover ist ästhetisch und stimmungsvoll, aber eher generisch. Für einen Roman, der Familiengeheimnisse, Vergangenheit und emotionale Tiefe verspricht, hätte man sich ein Bildmotiv mit mehr Symbolkraft oder Bezug zur Handlung gewünscht. Wer Kate Morton kennt, wird vielleicht trotzdem zugreifen. Doch rein visuell überzeugt das Cover nicht auf Anhieb.

Heimwärts Kate Morton

Meine Meinung

Kate Mortons Schreibstil ist wie gewohnt wunderschön bildhaft und poetisch. Sie schafft damit eine atmosphärische Kulisse, die die Leserschaft sofort in den Bann zieht. Besonders der Einstieg in die Geschichte sowie die letzten 100 Seiten hatten es in sich. Sie waren spannend und berührend. Darüber hinaus sei anzumerken, dass mich das Setting in Australien in eine andere, zauberhafte Welt entführte.

Was mir ebenfalls positiv aufgefallen ist – und auch von vielen anderen Leser*innen hervorgehoben wurde – ist die kunstvolle Verwebung der verschiedenen Zeitebenen. Kate Morton versteht es meisterhaft, Gegenwart und Vergangenheit ineinanderfließen zu lassen, ohne dass dabei der Überblick verloren geht. Die Rückblenden sind nicht nur historisch atmosphärisch, sondern fügen sich organisch in das große Ganze ein. Besonders das zentrale Ereignis – ein tragischer Mordfall in den 1950er Jahren – verleiht der Handlung eine leise, aber konstante Spannung, die sich über das ganze Buch hinweg trägt.

Zudem hebt sich die Figur der Journalistin Jess einigermaßen positiv hervor. Ihre Recherchen, ihre persönliche Verbindung zur Vergangenheit und ihre Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Familiengeschichte geben der Geschichte emotionale Tiefe. Auch wenn ich persönlich mir bei manchen Figuren eine stärkere emotionale Nähe gewünscht hätte, muss ich anerkennen, dass gerade Jess eine glaubwürdige und vielschichtige Protagonistin ist.

Nicht zuletzt ist Mortons Fähigkeit, große Themen wie Mutterschaft, familiäre Verantwortung, gesellschaftliche Zwänge und unausgesprochene Schuld mit psychologischer Tiefe zu verbinden, ein klares Pluspunkt dieses Romans. 

Allerdings muss ich auch einige Kritikpunkte ansprechen. Das Buch war meiner Meinung nach zu lang, und ich hätte mir gewünscht, dass einige Passagen gestrafft oder sogar gekürzt worden wären. Es gab einige Wiederholungen, die den Lesefluss beeinträchtigt haben. Zudem konnte ich relativ früh erahnen, in welche Richtung sich die Auflösung entwickeln würde. Die Gedankengänge der Autorin sind mir inzwischen wohl etwas zu vertraut, sodass die Geschichte wenig Überraschungselemente für mich als treue Morton-Leserin bereithielt.

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Figuren. Teilweise wirkten sie distanziert, da hauptsächlich über sie gesprochen wurde, anstatt uns die Geschehnisse aus ihrer eigenen Perspektive erleben zu lassen. Dies schränkte meine emotionale Verbindung zu ihnen ein.

Zu guter Letzt möchte ich noch eine Kritik am Buchsatz anmerken. Teile des Buches waren in serifenloser Schrift verfasst, was das Lesen erschwerte und unglücklicherweise den Lesegenuss beeinträchtigte.

Trotz dieser Kritikpunkte möchte ich betonen, dass Heimwärts keineswegs ein schlechtes Buch ist. Es erfüllte meine Erwartungen zwar nicht vollständig, aber es bot dennoch interessante Aspekte und Momente. Als langjährige Leserin von Kate Mortons Werken hätte ich mir jedoch größere Überraschungsmomente und mehr Abwechslung gewünscht.

Wer jedoch Mortons typisch melancholische Grundstimmung, ihre kunstvollen Familienverflechtungen und atmosphärischen Schauplätze liebt, wird sich auch mit diesem Roman wohlfühlen – besonders, wenn man sich Zeit nimmt, sich in die vielschichtige Erzählung einzufinden.

Überzeugt?

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